Dr. Osamu Yamatos Bericht 

Prof. Osamu Yamato forscht seit Jahren an der Hokkaido Universität in Sapporo über erbliche Stoffwechselkrankheiten bei Hunden und Katzen. Im Dezember 2005 ist von ihm in der japanischen Fachzeitschrift für Veterinärmediziner Small Animal Medicine ein längerer Artikel zu diesem Thema erschienen. Prof. Yamato berichtet dort auch über seinen Besuch beim Treffen des tschechischen Shiba Clubs im Spätsommer 2005 in Zbraslav bei Brünn. Bei diesem Treffen entnahm er Speichelproben aller anwesenden Shibas für eine DNA-Analyse, um festzustellen, ob tschechische Shibas möglicherweise das defekte Gen haben, das die Speicherkrankheit GM1-Gangliosidose verursacht. Das Ergebnis war negativ; der Bericht wurde wie folgt veröffentlicht: Osamu Yamato, Holger Funk, Natsuko Kawahara, et al., Mutation Screening of Canine GM1 Gangliosidosis for Preventive Measures: Absence of the Mutant Allele in Breeding Shiba Dogs in the Czech Republic. The Japanese Journal of Prophylatic Veterinary Medicine Vol. 1 (2009), 63-68.
Im folgenden geben wir eine Übersetzung derjenigen Seiten in dem Artikel, die Prof. Yamatos Besuch beim Shiba Club betreffen. Die Übersetzung aus dem Japanischen besorgte freundlicherweise Takeshi Obata; sie wurde von Osamu Yamato durchgesehen.


Osamu Yamato: Lysosomal storage diseases, Small Animal Medicine 40, vol. 7 no. 6 (2005), S. 49-63 (hier S. 60-62)

Zur Entwicklung eines Vorbeugeplans: ein erster Schritt

Wie ich oben bereits gesagt habe, bin ich der Meinung, daß es aus klinisch-veterinärmedizinischer Sicht oberstes Gebot sein sollte, die Verbreitung von Erbkrankheiten zu verhindern und sie so zu besiegen. Unter diesem Gesichtspunkt möchte ich einen ersten Schritt zu einem Vorbeugeplan gegen die GM1-Gangliosidose beim Shiba vorstellen. In der Theorie sähe ein Vorbeugeplan so aus, daß wir den Genotyp von Zuchthunden durch Tests ermitteln und dann sukzessive die Anlageträger aus der Zucht ausschließen. Es ist jedoch aus den verschiedensten Gründen – ich kann hier nicht alle nennen, doch Sie können sich leicht vorstellen, was ich meine – sehr schwierig, den Plan in die Tat umsetzen. Doch es wird überhaupt keinen Fortschritt geben, wenn wir nicht wenigstens mit kleinen Schritten beginnen und daher ist es wichtig, einen Plan zu entwickeln. Ich glaube, daß jede Art von Erkenntnissen, die wir auf diese Art gewinnen, eingetragene Züchter aus anderen Ländern und auch die große Anzahl von Züchtern in Japan von der Notwendigkeit eines solchen Plans überzeugen wird und wir schließlich unserem Ziel näherkommen. Als ich zufällig mit dieser Krankheit konfrontiert wurde, wäre mir nicht im Traum eingefallen, die Krankheit auszurotten, doch nachdem ich erkannt habe, daß Vorbeugen und Eliminieren die effektivsten Mittel in der Veterinärmedizin sind – tatsächlich sind nur wenige Menschen derselben Meinung – habe ich mich entschlossen, jederzeit mein Bestes zu geben, um diese Krankheit auszurotten.

 
Bild 11: Szenen während der Ausstellung des tschechische Shiba Clubs
In Japan verlaufen Ausstellungen ruhig und angespannt, während bei Ausstellungen in Tschechien eine sehr entspannte Atmosphäre herrscht. Ich glaube, daß man Hunde ohne Leine auf einer Ausstellung in Japan schwerlich vorfinden wird.

Shibas sind seit jeher sehr populär in Japan und werden auch vielfach nach Amerika, Europa, Asien und Australien exportiert. Es gibt eine große Anzahl von Shiba-Liebhabern und Shiba-Clubs in aller Welt. In diesem Jahr gab es ein Angebot zur Zusammenarbeit mit dem Shiba Club der Tschechischen Republik, der auf seiner Homepage Informationen zur GM1-Gangliosidose in drei Sprachen anbietet (Englisch, Deutsch und Tschechisch). Auf diese Weise stehen vielen Haltern und Züchtern genaue Informationen bezüglich dieser Krankheit zur Verfügung. Es entwickelte sich eine enge Zusammenarbeit mit den Mitgliedern des tschechischen Shiba Clubs, die sehr aufgeschlossen sind, und ich hatte die Gelegenheit, die Genotypen von Hunden zu untersuchen, die in diesem Klub registriert sind. Das Ziel war, das abnorme Allel, das diese Krankheit verursacht, landesweit auszurotten. Seit der Einführung des Shibas in die Tschechischen Republik im Jahre 1989 sind mehr als 900 Shibas im Zuchtbuch registriert, von denen zur Zeit etwa 100 zur Zucht eingesetzt werden. Es war geplant, die DNA von Zuchthunden zu analysieren und aufzubewahren, so daß es möglich wäre, sie auch bei neu auftretenden Erbkrankheiten zur Kontrolle heranzuziehen.

 
Bild 12: Untersuchung des Genotyps vor der Ausstellung
Meine Unterstützung: Holger Funk, Webmaster der Homepage des Shiba Clubs und derjenige, der am meisten bei diesem Projekt mitgearbeitet hat (Deutscher; er trägt ein T-Shirt, das ich ihm geschenkt hatte) und seine Frau Michaela (Tschechin; sie koordinierte die Abnahme der Proben und notierte die Daten).

Auf den anderen Bildern werden den Hunden Proben aus der Mundhöhle mit einem Spezialtupfer entnommen. Wenn die Hunde nervös waren, habe ich die Halter gebeten, selbst die Proben zu entnehmen.
 

Im Herbst 2005 führte der tschechische Shiba Club eine 2-tägige Mitgliederversammlung verbunden mit einer Club-Ausstellung durch. Das Treffen fand auf einem Gelände, das von verschiedenen Hunde-Clubs genutzt wird, statt. Es liegt in der Nähe von Brünn, der zweitgrößten Stadt des Landes. (Bild 11) Im Vorfeld dieses Treffens waren verschiedene Probleme aufgetaucht, doch dank der intensiven Informationen seitens der Club-Führung haben schließlich sämtliche Mitglieder, die an dem Treffen teilnahmen, einer Untersuchung zugestimmt, so daß bei insgesamt 81 Hunden mit einem Tupfer Proben aus der Mundhöhle entnommen werden konnten. (Bild 12) Ich hatte bereits einige Erfahrung mit Feldforschung, aber dies war das erste Mal, daß ich eine derartig große Beteiligung erreichen konnte. Nach meiner Rückkehr konnten bei der Analyse keine Abnormalitäten festgestellt werden, aber ich erwarte in naher Zukunft weitere Proben und Ergebnisse. Es ist nur ein kleiner erster Schritt, doch ich bin überzeugt, daß es ein richtiger Schritt war. Ich danke von Herzen den Leuten des Clubs, die mit mir zusammengearbeitet haben. (Bild 13)

Bild 13: Dankeschön an die Teilnehmer übers Internet
Ich habe in der Homepage des Shiba Clubs meinen herzlichen Dank an alle Züchter und Halter, die an der Genotyp-Untersuchung teilnahmen, ausgedrückt. Holger und Michaela (Bild 12) haben diese Danksagung ins Tschechische übersetzt. Auf dem Bild ist Zdenka Entlerová zu sehen (links), die Vorsitzende des Shiba Clubs, und Hana Petrusová (rechts), die Zuchtberaterin.
Ich weiß die Zusammenarbeit zu würdigen.

Im übrigen hatte ich den Eindruck, daß die Tschechen Hunde lieben und daß es dort sehr viele Hundehalter gibt. Ich habe jedenfalls viele Menschen mit Hunden gesehen. Auch meine ich, daß das Verhältnis der Tschechen zu ihren Hunden etwas anders ist als bei uns in Japan – um ehrlich zu sein, es ist völlig anders. Dies hängt offenbar mit der Kultur zusammen. Wahrscheinlich ist die Wertschätzung von Hunden als solche nicht anders, aber die Tschechen haben eine viel liebevollere Beziehung zu ihren Hunden. Auch wenn es etwas irritierend und unerwartet ist, glaube ich, daß die Tschechen eine bessere Beziehung zum Shiba haben als die Japaner.

© Osamu Yamato & Holger Funk 2006

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