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Ein Hund, der in der Stadt lebt (in Plattenbauten und Mietshäusern, wohlgemerkt), leidet! Dies ist einer von vielen Hunde-Aberglauben – und wie so viele andere, ist er größtenteils unwahr.
Ich besitze Hunde seit vielen Jahren und habe mit ihnen an allen möglichen und unmöglichen Orten gelebt. Auch in der "Platte" – und ich kann voller Überzeugung sagen, daß derjenige, der in einem solchen Fall leidet, vor allem der Halter des Hundes ist.
Gehen wir nicht von dem Extremfall aus, bei dem eine Familie in einer Zweizimmerwohnung lebt samt hinkender Oma, drei Kindern und zwei Bernhardinern. Reden wir lieber von einem ganz normalen Zusammenleben von Mensch und angemessen großem Hund. In der Stadt und auch außerhalb.
Jeder, auch der wohlerzogenste Hund muß wenigstens dreimal innerhalb von 24 Stunden Gassi gehen. Was bleibt einem Halter, der z.B. im vierten Stock in einer Siedlung lebt, also anderes übrig? Wohl oder übel muß er sich vom Fernseher losreißen, sich entsprechend dem Wetter anziehen, mit dem Fahrstuhl hinunterfahren (eventuell Treppen laufen) und um ein paar Häuserblöcke gehen, um den natürlichen Bedürfnissen des Hundes Genüge zu tun. Und dies alles bei jedem Wetter, egal, wie es einem geht. Der Hund fragt nicht danach, ob Sie sich den Fuß verstaucht haben, ob Sie Grippe haben oder Ihnen der Weisheitszahn fürchterlich wehtut. Er will einfach nur pinkeln und Sie als Herrchen oder Frauchen müssen dem nachkommen. Unter normalen Umständen kann man den Hund manchmal einseifen – warte einen Moment, es gießt gerade in Strömen, halte es noch so lange aus, bis das Fußballspiel zu Ende ist usw. Aber stellen Sie sich einmal eine Hündin kurz vor der Entbindung vor, die jeden Augenblick etwas machen muß (und selber nicht genau weiß, was) oder auch einen Welpen, der Durchfall hat. Man muß ständig hoch und runter, Regen hin, Regen her, und immer zu den ungelegensten Zeiten.
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Ich glaube, daß ein Halter in der Stadt sich seinem Hund viel mehr widmet als ein Halter außerhalb mit Haus und Garten. Er muß ihm nämlich beibringen, an der Leine zu gehen (oft mit Maulkorb), Straßenbahn zu fahren, Autobus, PKW, er lehrt ihn den Kontakt zu einer Menge von Leuten, gewöhnt ihn an den Stadtlärm, das viele Licht, die Gerüche. Allein durch das Zusammenleben in einer Wohnung widmet er sich dem Hund – er spricht mit ihm, streichelt ihn von Zeit zu Zeit, gibt ihm Leckerlis.
Wir Häuslebesitzer müssen unseren Hunden nicht so viel beibringen. Sie machen ihr Geschäft ohne uns und kehren ins Haus zurück, wenn es ihnen gefällt. Wir müssen sie nicht ständig für den täglichen Umgang auf der Straße erziehen und so passiert es nicht selten, daß wir uns unserem Hund tatsächlich nur bei wenigen Gelegenheiten am Tag widmen. Aber auch so leidet der Hund nicht – er hat nur ein anderes Verhältnis zu seinem Halter, gegründet auf ein freies Zusammenleben, bei dem der Hund seinem Menschen nicht streng hörig sein muß.
Ing. Hana Petrusová
Aus dem Tschechischen von Holger Funk.
Zuchtberaterin SHIBA KLUB